REHAVISTA Erfolgsgeschichten

Lavdim

Eine UK-Erfolgsgeschichte wie aus dem Bilderbuch

Sechs Kinder und drei Erwachsene sitzen auf dem Fußboden eines hellen und freundlichen Zimmers im Kindergarten des Heilpädagogisch Therapeutischen Zentrums in Neuwied. Ein siebtes Kind kann den munteren Kreis komplett überblicken: Es sitzt im Rollstuhl.
Lavdim, 4 Jahre alt, kann zwar nicht sprechen – seine Mimik spricht jedoch Bände.

Lavdim im MorgenkreisLavdim im Morgenkreis

Zur Unterstützung seiner eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit benutzt er einen Tobii Dynavox Sprachcomputer, der mit einer Halterung so am Rollstuhl angebracht ist, dass er ihn bequem mit seiner linken Hand bedienen kann. Lavdim darf im Morgenkreis bestimmen, welches Kind die einzelnen Tagesablaufpunkte in Form von Fotos an die Wand heften darf. Zu diesem Zweck hat er eine Seite auf seinem Talker, auf der alle Kinder abgebildet sind. Das erste Foto darf Lavdim selbst anheften.

Das blaue Kommunikationsgerät ist noch kein Jahr alt und Lavdim ist bereits ein kleiner Experte in Sachen Bedienung. Schon während der ersten Beratung brachte er all seine Bezugspersonen im Kindergarten zum Staunen. Niemand konnte bis dahin sicher beurteilen, welche kognitiven Fähigkeiten genau in dem Jungen schlummern. Da Lavdim außerdem aus einer Familie mit Migrationshintergrund stammt, war nicht einmal bekannt, wie gut er deutsch versteht. Seine Vormittage verbrachte Lavdim in einer Kleingruppe mit schwerstbeeinträchtigten Kindern. Mangelnde Interaktionsmöglichkeiten machten ihm die Tage lang. “Sobald ein Erwachsener den Raum betrat, fixierte Ladvim diesen mit den Augen, um wenigstens einen basalen Austausch zu erwirken”, schildert Sonja Thömmes Lavdims Vergangenheit. Die Logopädin und Fachkraft für Unterstützte Kommunikation im HTZ Neuwied wollte gemeinsam mit einer Ergotherapeutin den Fähigkeiten des Jungen auf den Grund gehen. Sie luden REHAVISTA-Mitarbeiter Martin Renzler zur Kommunikationsberatung ein.

Lavdim liest ein BuchGeschichten von Astrid Lindgren machen Spaß

“Innerhalb weniger Minuten hatte sich ein verblüffter Kreis um Lavdim gebildet, der spielend mit den einfachen Talkern zurechtkam”, schildert die Logopädin Sonja Thömmes. Martin Renzler holte schließlich das anspruchsvollste Gerät hervor. “Lavdim hat uns alle in die Tasche gesteckt”, meint er. Offensichtlich erkannte der Dreijährige genau die Möglichkeiten, die sich ihm plötzlich boten. Er protestierte noch Stunden später, als das Gerät nach der Beratung wieder im Koffer verschwand. Groß die Freude als das Tobii Dynavox Gerät dann von der Krankenkasse genehmigt wurde. Nach der Auslieferung sollte dem pfiffigen Jungen die Chance gegeben werden, endlich mit Gleichaltrigen interagieren zu können: Er wechselte die Kindergartengruppe.

Lavdim sitzt inzwischen am Frühstückstisch. Selbstbewusst bestellt er sich sein Wunschgetränk (Saft) und ein Brötchen mit Wurst. Nach dem Essen ist Spielzeit. Passend zum Bilderbuch-Klassiker “Michel aus Lönneberga” von Astrid Lindgren hat Lavdim eine tolle Michel-Seite mit vielen Fotos der Original-Schauspieler auf seinem Gerät. So kann er interaktiv “mitlesen” und das Geschehen kommentieren. Der lebhafte Junge hat bald genug vom Lesen – malen möchte er nun. Blitzschnell navigiert er innerhalb der Kommunikationsstrategie Gateway und öffnet eine Seite mit Farben. Auf die verblüffte Frage, wie er so schnell von Michel zu den Farben gefunden hätte, schauen Lavdims dunkle Augen pikiert. “Ts”, macht er und zeigt es noch einmal langsam.

Lavdim kommuniziert mit seinem TalkerWie bestellt, so geliefert: Lavdim freut sich.

Dann wird gemalt: “Blau”, bestellt Lavdim, dann “gelb”. Die Logopädin reicht ihm einen grünen Stift. “Ts”, macht Lavdim erneut und schüttelt tadelnd den Kopf. Die beiden haben richtig Spaß. Sonja Thömmes ist begeistert von den Fortschritten des Jungen. “Seit er seinen Sprachcomputer hat, fängt Lavdim sogar an zu lautieren. Das war noch vor einem Jahr undenkbar!”

Nach Beendigung des Kunstwerks bestimmt der Vierjährige, wer das Bild bekommen soll – seine Mutter. “MAMA” schreibt Sonja Thömmes auf die Zeichnung. Der Kindergartentag neigt sich dem Ende zu. Die Erzieherin Frau Schmidt kommt zur Tür herein. “Oh – wer bekommt denn dieses schöne Bild?” fragt sie. Lavdim zeigt auf den Schriftzug MAMA. Das Bild wandert zum Mund und bekommt einen Kuss. “Mama” sagt er – deutlich, ganz ohne Gerät. Die großen Augen strahlen.

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